Seit dem Versorgungsstärkungsgesetz im Juli 2015 in Kraft getreten ist und § 95 Abs. 1 SGB V entsprechend modifiziert wurde, profitieren zahnärztliche Einzelpraxen von einer neuen Möglichkeit des Wachstums. Seither können Zahnärzte ein Medizinisches Versorgungszentrum, kurz MVZ, bilden und eine beliebige Anzahl an Zahnärzten einstellen. Ein solches fachgruppengleiches MVZ bringt für Patienten ebenfalls positive Veränderungen mit sich. Aber auch Risiken können damit verbunden sein.
Chancen für Zahnärzte, Praxen und Patienten
Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung verfolgt der Gesetzgeber in erster Linie das Ziel, die Versorgung für Patienten zu verbessern, in dem kooperative Versorgungsformen gezielt gefördert werden. Während ein MVZ zuvor nur durch Ärzte aus unterschiedlichen Fachrichtungen geführt werden durfte, ist es durch das Versorgungsstärkungsgesetz nun auch fachgleichen Ärzten möglich ein solches zu eröffnen. Zahnärzte können jetzt ein MVZ gründen und mehrere Zahnärzte einstellen. Bei der angestellten Variante erbringen angestellte Ärzte die Leistungen. Alternativ können Vertragsärzte hinzugezogen werden. Dies ist dann als freiberufliche Variante bezeichnet. Auch Mischlösungen mit Angestellten und Vertragsärzten ist denkbar. Die Betreiber haben die Wahl zwischen verschiedenen Rechtsformen. Zur Verfügung steht folgendes:
- Personengesellschaften
- Eingetragene Genossenschaft
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Somit kann ein MVZ beispielsweise eine GmbH sein, aber auch eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) oder eine Aktiengesellschaft. Besonders häufig treffen Kunden beim Betrachten der Rechtsformen jedoch auf die GbR und GmbH. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass sich besonders die GmbH im Rahmen zahnärztlicher Versorgungszentren zunehmender Beliebtheit erfreut.
Der wohl größte Vorteil für Praxen und Zahnärzte besteht in den verstärkten Wachstumschancen. Während bei den gängigen Gemeinschaftspraxen die Anzahl der einzustellenden Zahnärzte beschränkt ist und am Sitz des Vertragszahnarztes maximal zwei Zahnärzte in Vollzeit beschäftigt werden dürfen, hat das MVZ diese Beschränkung nicht. Bislang waren viele Zahnärzte versucht einen Zahnarzt nicht als solchen anzustellen, sondern als Juniorpartner in die Praxis aufzunehmen. Das Stichwort Scheinselbstständigkeit brachte dabei schon viele Ärzte in Bedrängnis. Denn die genannte Lösung kann Strafverfahren nach sich ziehen und bringt darüber hinaus deutliche sozialversicherungsrechtliche sowie steuerliche Nachteile mit sich. Das MVZ ist eine überaus attraktive Alternative, um diesen Problemen aus dem Weg zu gehen.
Diese Fakten zogen in den vergangenen Monaten vielerorts die Eröffnung neuer Versorgungszentren nach sich. Als Beispiel für ein MVZ in Gründung dient die im Internet als Novacura präsente Zahnarztpraxis in Münster. Das Medizinische Versorgungzentrum für moderne Zahnheilkunde soll dank guter Lage am Technologiepark mit gutem Parkplatzangebot, patientenorientierter Kompetenz und innovativer Ausstattung die zahnmedizinische Versorgung im Münsterland sinnvoll ergänzen. Sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene werden hier künftig als Patienten begrüßt und genießen das Know-how mehrere Spezialisten innerhalb einer Praxis. Bereits erfolgreich etabliert ist das Zahnärzte MVZ 360°zahn in der Werdener Straße in Düsseldorf. Dank des Zusammenschlusses von einer Vielzahl an fachkundigen Zahnärzten kann das MVZ mit flexibler Terminvereinbarung und Zahnmedizin auf dem aktuellsten Stand überzeugen. Höchste Hygienestandards sind in den modern eingerichteten Räumlichkeiten genauso selbstverständlich wie kostenloses Parken und innovative Technologien. Das Leistungsspektrum reicht von Angstpatienten über Kieferorthopädie und Ästhetik bis hin zu Implantologie und Bleaching. Im Imagevideo wird ergänzend die integrierte Zahnarztpraxis speziell für Kinder vorgestellt. Darin erhalten Patienten einen Eindruck vom Konzept:
Weiterführende Fakten zu den Chancen und Risiken für Zahnärzte wurden im Fachportal für Dentale Implantologie des Spitta Verlags zusammengefasst.
Mehr Leistung aus einer Hand
Ein Medizinisches Versorgungszentrum von Zahnärzten hat den Vorteil, dass Patienten oft auf eine hervorragende medizinische Infrastruktur zurückgreifen können. Da mehrere Zahnärzte in einem Zentrum verfügbar sind, sind Wartezeiten vielerorts deutlich geringer. Wie in den obigen Beispielen verdeutlicht, finden Kunden in zahnärztlichen Versorgungszentren ein wesentlich umfangreicheres Leistungsportfolio. Aufgrund mehrere Zahnärzte aus unterschiedlichen Fachgebieten entstehen facettenreiche Kompetenzzentren, die das Ansteuern mehrerer Praxen unnötig machen. Wie das Bundesministerium für Gesundheit in einem Beitrag zu Medizinischen Versorgungszentren betont, erweisen sich diese als „wichtiges Bindeglied bei der Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung“. Damit einher geht, dass durch die internen Strukturen Informationen wesentlich schneller von A nach B gelangen und die Behandlung von Patienten somit effizienter gestaltet werden kann. Umständliche und zeitintensive Überweisungsvorgänge lassen sich eindämmen und die vernetzte EDV beschleunigt die gesamte Vorgehensweise.
Hinzu kommt, dass junge und hervorragend ausgebildete Zahnärzte nicht mehr gezwungen sind eigene Niederlassungen zu eröffnen und somit die Kosten gesenkt werden können. In einem MVZ haben Ärzte die Chance ein festes Arbeitsverhältnis einzugehen, ohne das unternehmerische Risiko der Praxis zu tragen. Somit sinkt nicht nur der Druck aufgrund der Verantwortung durch die Selbstständigkeit, sondern auch die körperliche und psychische Belastung. Dank geregelter Arbeitszeiten sind Ärzte weniger gestresst, was sich auch auf dessen Patienten positiv auswirkt. Auch die Möglichkeiten zur Gestaltung flexibler Arbeitszeitmodelle innerhalb eines MVZ sind zu erwähnen. In MVZ können mehr Teilzeitstellen angeboten werden, wodurch viele Ärzte und vor allem Ärztinnen mit Kindern wieder arbeiten können, was sie zuvor aufgrund des mangelnden Jobangebots vielerorts nicht konnten. Künftig könnten durch die zunehmende Entstehung von Kompetenzzentren mehr Ärzte zur Verfügung stehen.
Befürchtung: Sind nicht-ärztliche Dienstleister eine Gefahr?
Im Zuge der Überarbeitung von § 95 Abs. 1 SGB V kam unter Ärzten die Befürchtung auf, dass auch nicht-ärztliche Dienstleister und Betriebe die Gründung eines MVZ nutzen und damit negativen Einfluss auf die Patientenversorgung nehmen könnten. Auch die damit verbundene und zunehmende Konkurrenz wurde von Zahnärzten gefürchtet. Laut Bundesverband Medizinische Versorgungszentren (BMVZ e.V.) sei nicht zu erwarten, dass „Nicht-Zahnärzte oder Kommunen eine existenzbedrohende MVZ-Gründungswelle auslösen“. Laut BMVZ werden die Gründer neuer MVZ aus Fachkreisen kommen, da zahnärztliche Dienstleister und Dentallabors als Träger von MVZ nicht zugelassen sind. Aber auch die komplexen Zusammenhänge und Herausforderungen der Führung eines MVZ dürften demnach derartige Entwicklungen stark eingrenzen. Nach Meinung des BMVZ ist die Angst vor einer Einflussnahme auf medizinische Entscheidungen größtenteils nicht begründet.
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