Jeder Zahnarzt wird es bestätigen: So mancher Patient geht nicht zu den empfohlenen, regelmäßigen Vorsorge-Untersuchungen, sondern erst dann, wenn akute Zahnschmerzen keinen anderen Ausweg mehr lassen. Dort wird es dann doppelt schmerzhaft, wenn die Sprechstundenhilfe freundlich lächelnd die zehn Euro Praxisgebühr kassieren möchte. Natürlich ist dieses Ärgernis weder dem Personla noch der Praxis anzulasten, sondern der gesetzlichen Krankenkasse.
Die Ärzte fungieren dabei lediglich als Inkasso-Beauftragte der Kassen und müssen die sogenannte „Praxisgebühr“ in voller Höhe an die jeweilige Krankenversicherung weiterleiten. Kein Wunder, dass viele Ärzte und Zahnärzte auch den weithin gebräuchlichen Begriff „Praxisgebühr“ von sich weisen, wenn doch kein einziger Cent davon der Praxis zugute kommt. Doch die erste Krankenkasse hat diese Gebühr nun rückwirkend wieder abgeschafft.
Die Hanseatische Krankenkasse HEK schafft die Zahnarzt-Praxisgebühr ab
Besonders erfreulich für die Patienten ist dabei, dass dies nicht nur „ab sofort“ gilt, sondern rückwirkend zum 01. Januar 2012. HEK-Versicherte, die in diesem Jahr bereits die Praxisgebühr beim Zahnarzt gezahlt haben, bekommen das Geld dafür also zurück erstattet.
Die These, dass mit dieser Gebühr lediglich ein weiteres bürokratisches Monster erschaffen wurde, wurde zu Anfang nur von wenigen Experten geäussert, doch die Stimmen dagegen mehren sich und werden lauter. Fakt ist zudem, dass die Krankenkassen Milliardenüberschüsse verbuchen können und sich sogar Gesundheitsminister Daniel Bahr mit Forderungen zu Wort meldet, dieses Geld den Versicherten zugute kommen zu lassen.
Indes, ob sich die Regierung deshalb für die Abschaffung der Praxisgebühr stark machen wird, ist derzeit noch nicht zu erkennen. Die Opposition hätte sie jedenfalls fast geschlossen auf ihrer Seite, zudem haben sich 11 von 16 Bundensländern für das Aus der Gebühr ausgesprochen.
Besiegelt die freie Kassenwahl das Aus der Praxisgebühr?
Die Patienten haben nun erstmals die Möglichkeit mit abzustimmen, wie es mit der Praxisgebühr weitergeht: Mit ca. 400.000 Versicherten ist die HEK zwar kein Schwergewicht unter den Krankenkassen und ist doch zu groß, um von den Branchen-Riesen einfach ignoriert zu werden. Die werden dem Beispiel folgen müssen oder ihren Leistungskatalog entscheidend vergrößern, damit ihre Versicherten nicht zur HEK abwandern.
Dort wird dieser Schritt so begründet, wie es Kritiker schon immer prophezeit haben: Die Annahme, dass die Praxisgebühr dazu beiträgt, Hypochonder und Patienten mit kleinsten „Wehwehchen“ vom Arztbesuch abzuhalten, kann als widerlegt gelten- Zumal der Zahnarzt, im Gegensatz zu allen anderen Medizinern, alle seine Patienten zur regelmäßigen Kontrolle einbestellt, auch wenn diese keinerlei Beschwerden haben.